Quincy holt das Double im 94. Song Slam

Song Slam Nummer 94 am 11. September 2025. Heute ist so ein Tag, an dem jeder noch weiß wo sie oder er damals war und was sie oder er dann gerade getan hat. Sofern man älter als – sagen wir mal – 30 ist. Genau wie beim Kennedy-Attentat, für alle die älter als – sagen wir mal – 68 sind. Oder bei der Kreuzigung, wenn man – sagen wir mal – älter als 1998 Jahre ist. Und in wenigen Jahren wird man sich an diesen 11. September 2025 erinnern, weil es wieder ein fulminanter MuSoC Abend gewesen sein wird. Ihr seht, ich schreibe in Futur 2, denn ich sitze vorm Rechner, der YouTube Kanal ist vorgewärmt, mit einem Becher Kaffee und Cashew Schokolade ausgestattet, erwarte ein großes Feuerwerk und hoffe das beste. Wie immer. Und wie immer warten wir Streamer darauf dass es genau auf die Sekunde zwischen Acht und Viertel nach Acht wird und die Herren Sebastian und Bohlmann, die Creme der Moderatorengilde Haidhausens, auf die Bühne kommen und…. ooooh, Jesses, da sind sie auch schon. Es ist wieder Kleinkunst. Es ist wieder singen, bis der Hahn kräht. Es ist wieder MuSoC. Endlich.

Die Anmoderation der beiden Schaumeister ist gewohnt lässig und zuweilen konfus. Denn nachdem der Ablauf zum 94. Mal erläutert wurde, stand der falsche an der Bühnenseite. Oder wars doch der richtige? Es war.

Es war der erste Sedlmeister aus der Hood. Und wir hams nach Acht. Zum Glück. Denn der Song vom Sedlmeister handelt von Exzessen, Alkoholabusus und allem, wovor Mutti uns gewarnt hat. Mit Gitarre, Baseballkappe und einer klaren Flüssigkeit in einer Wasserflasche ausgestattet, rockt der Meister des Sattels seine Saufeslieder im Galopp und Stakkato über die Drehleierbühne. Und er wurde mit seinem zweiten Song nur durch den Hahn gestoppt. Ein Kandidat für die Endrunde?

Die Band Ïsili ist von der Isar und unser zweiter Act an diesem Abend. Bass, Gitarre, Trompete und Melodica bringen die drei mit auf die Bühne und schmettern zunächst mal ihren Pop Song Boogie in die Halle. Mehrstimmig, multiinstrumental und sehr gut durcharrangiert sind die drei seit Jahren eingespielt und decken von Rap bis Chor alles mögliche ab. Und alles in Boarisch. Wahnsinn. Die drei kommen doch bestimmt easily in die nächste Runde.

Ein Gewinnertyp ist unser dritter Künstler. Quincy Seans Name ist eingraviert in die virtuelle Meisterschale des MuSoC, konnte er doch die 88. Ausgabe des MuSoC für sich entscheiden. Und er holt wieder die ganz feine Loopelei raus, die Box unterm Fuß, mit der man sich vervielfältigen kann, um ein vielstimmiges Gebilde aus Klang und Kunst zu erzeugen. Waren die Ïsilis vorher noch in echt zu dritt, ist es der dreifache Quincy der sich im Chor begleitet. Auch Wahnsinn. Ein Tipp für die nächste Runde.

Auch unser Vierter Act ist einer der uns schon mal die Ehre gab. Wenn ich mich richtig erinnere hat seinerzeit der Herr Bohlmann eine seiner legendären Anmoderationen für den Kellerbua gemacht, die nur er selber verstanden hat. Auf der Bühne wird der Kellerbua zum wahren Gute-Laune-Bua, haut seine Mitsingsongs raus wie im Festzelt und wenn man sich jetzt noch vorstellte, man hätte ein Weißbier und ‘ne Brezn vor sich, hat man das richtige Kellerbua feeling mitgenommen. Ohlalala.

Nummer 5. Die Kanoas. Bayrische Mantras. Gschmeidige Musi. Banderdingig. Kanoa eben. Dieser Bandname ist nicht nur wahnsinnig, lädt ein zum völligen Falschverstehen, wenn man den ganzen Tag mit Anglizismen zu tun hat und läßt die wildesten Assoziationen von der Rolle. Am Ende kann man’s einfach laufen lassen, zuhören, vielleicht ‘ne Runde dabei surfen und geschmeidig dem Mantrarochen ausweichen. Easy listening, wahnsinnig lässig performt mit Akkordeon und Gitarre. Sollen die beiden nochmal auf die Bühne kommen?

I am Sam ist einfach Sam. Genau wie eine Rose. Und keine Semmel. Jesses, was schreibt der Hamburger von der Ferne wieder fürn Stuss, aber wenn ihr den Stream schaut an der richtigen Stelle, gibt alles einen Sinn. Genau wie die Wortschnipsel von Sam, die seine Töchter ausgeschnitten haben. Der Text seines Songs “No detail is ever too small” ist entstanden, indem einfach Wörter aus der Zeitung ausgeschnitten und zufällig wieder zusammen gewürfelt wurden. Wie beim klassischen Erpresser-Drohbrief. Und das sollte man öfter machen. Also jetzt nicht den Drohbrief. Vielleicht sehen wir Sam ja auch öfter hier auf der Bühne, zum Beispiel in der zweiten Runde?

Ebenfalls schon einmal bei uns auf der Bühne war der Moon2000, aber ich muss jetzt gleich erstmal rüber ins Archiv und da auf die große Schiebeleiter und bei M nachschauen wann das war. So. Nun bin ich wieder zurück. Und so tief in die Kiste musste ich jetzt gar nicht greifen, denn Martin und Markus waren erst zum 91. Song Slam und dann in der Endrunde 2024 in der Drehleier. Damals war the Moon2000 erstmals seit Jahren wieder auf der Bühne, die Drehleier hat sich somit zu einem Ort der Wiederauferstehung gekürt. Und wir waren dabei, an jenem 11. November 2024. Inzwischen hat Moon2000 wieder einige Kilometer auf den Bühnen abgerissen und ist back in business. Laptop, E-Gitarre, deutsche Texte und Sonnenbrille und die Anreise aus Regensburg sind die Markenzeichen vom Moon2000. Gibt es vor der Rückreise nach Regensburg noch einen Moon-Song?

Die Pause ist für uns Streamer immer eine Gelegenheit des Innehaltens. Der kontemplativen Reflexion des gehörten und manchmal auch gesehenen. Und des Gangs zur Kaffeemaschine. Denn es warten nochmal 6 gespielte Zugaben auf das geneigte Ohr der Nah- und Fernseher. Aber vor allem ist die Pause Folter. Auf die wir alle gespannt werden. Denn natürlich wollen wir alle wissen, welche Acts unter die letzten 3 gekommen sind. Ist meine Stimme dabei? Waren die unzähligen Streamzuschauer alle aus Regensburg? Und wer hat vor lauter Aufregung das Popcorn in der Mikrowelle vergessen? 

Aber nichts ist so zuverlässig unaufhaltsam wie die Zeit. Und die spuckt nun nach der Auszählung die 3 meistgevoteten aus. Ein Hinweis an dieser Stelle: ich hätte wieder mal nicht gewusst, wer mein Favorit ist. Es waren so viele tolle Musiker und eine Musikerin auf der Bühne, so tolle Acts, so viel Innovacion und auch Spielfreude dass man allen einen ersten Platz gönnen würde. Aber die Treppe ganz oben ist eben doch zu klein für alle gleichzeitig. Und so konnten nur drei in die nächste Runde einziehen und nur ein Act am Ende ganz oben stehen. Wobei, wir hatten doch mal einen Doppelgewinn? Habe jetzt aber gerade keine Zeit, um runter ins Archiv zu steigen, ich muss die Ergebnisse kommentieren.

An dieser Stelle würde ich zu gerne über ein Duett, ein neues Projekt von Herrn Sebastian schreiben, das er mit dem Kollegen Toby Künzel auf die Drehleier bringt. Da aber leider das Bild ausfiel, konnten wir nur ahnen, was da gerade historisches auf der Bühne passiert ist. Auf einmal lief völlig unangekündigt “Dear Theodosia” aus Hamilton. Was war passiert, kam da gerade der Burr aus dem Publikum auf die Bühne? Wurden wir Zeuge eines ganz neuen Projekts von Herrn Sebastian, der doch gerade den Wizard of Oz herausbrachte? Was steckt dahinter, was erwartet uns noch in den nächsten Wochen und Monaten? Werden wir mehr von Herrn Künzel und Herrn Sebastian zusammen sehen? Und vor allem hören? Stay tuned, würde ich mal sagen. Ich muss den geheimnisvollen Act bei nächster Gelegenheit noch mal genau hinterfragen, wenn ich Herrn Hamilton, Herrn Künzel oder Herrn Sebastian sehe oder spreche. Das müssen wir hier aufklären. Unbedingt.

Zurück zum MuSoC Song Slam. Quincy Sean, Da Kellerbua und Moon2000. Das sind die drei Endrundenteilnehmer. Regensburg war offensichtlich im Public Viewing massivst dabei. The Moon2000 baut sich noch einmal mit allem Laptop-E-Gitarren-Equipment aber dafür ohne Sonnenbrille und Sakko auf und Martin ist geflasht von der erneuten Gelegenheit, einen Moonsong zum Besten zu geben. Ein großes Dankeschön an die Fans und die Welt. Und es gab für die beiden den Prostpreis für einen guten dritten Platz.

Bleiben also wieder nur 2 übrig. Der Kellerbua, das Energiebündel, Dadeidadeit sich unter frenetischem Geklatsche des Publikums noch einmal in Ekstase und gibt alles. Und Quincy beweist mit seinem letzten Song “I don’t want love” wieder einmal, was eine perfekt geklickte Loopstation zu loopen imstande ist.

Und dann… Der Drehleier-Sieger-der-Herzen wird traditionell in Dezibel ermittelt, im Applausometer des Publikums. Das gibt ja nochmal Punkte, 10 Extrapunkte obendrauf. Und da kann man dann schon mal das Ergebnis drehen. Ist alles schon vorgekommen. Heute auch?

Nein. Denn der Applaus schlägt eindeutig für Quincy aus, der den hauchdünnen Vorsprung der Votes damit noch weiter ausbaut. Und damit steht fest: Quincy Sean gewinnt nicht nur den 88. sondern auch den 94. Song Slam. Und das bedeutet für mich, dass ich wieder mal ins Archiv abtauchen und bis zum nächsten Mal prüfen muss ob wir schonmal einen Wiederholungssieger hatten. Quincy Sean jedenfalls ist einer. Und das zu Recht, weil er mit seiner Loopstation einfach eine schöne, runde Klangwelt herstellt, zu der man lässig grooven und moven kann. 

Schaltet auch bei der nächsten und letzten Song Slam Runde vor dem Finale 2025 wieder ein oder seid im Theater Drehleier mit dabei. Die findet am 30. Oktober statt. Und das wird erneut großartig.

Alle Fotos: Benjamin Händel