Family Business – Lotte und Paul gewinnen den 62. Song Slam
The times are a-changing, die Zeiten ändern sich. Der Winter ist zu warm, das Virus grassiert, Volksparteien suchen geeignetes Führungspersonal. Nur der MuSoC ist die einzig wahre Konstante im Leben der Münchnerin und des Münchners. Schon 61 Abende liegen hinter uns (plus die 7 bisherigen Champions Abende) und im 62. sind wir hier mittendrin. Man braucht einfach einen Fixpunkt im Leben. Und so ist es am 5. März wieder gut voll in der Drehleier. Wir sind mit der Welt für gut 3 Stunden im Reinen. Und wie fast immer gibt es allerfeinste Kunst.
Der Gewinner-Act des vorigen Song Slam hat das Privileg der Eröffnung. Und so lernen wir von der Formation „Mango Mindset“, dass sie klauen. Von Shakespeare über Prinz Porno bis Thelonious Monk. Und dann wird veredelt, vermangot und gemindsettet (sprich: ge-maind-set-tet). Und am Ende ist alles neu und anders. Oder Bach. Johann Sebastian. Also ähnlich wie bei Luther. Nur eben Musik. (Stirninfaltenlegsmiley)
Kai Wunder hingegen spielt nicht Bach sondern alles von Wagner bis Liszt, beziehungsweise Wagnis und Ver-Lust. Und er tut dies in gekonnt balladesker Form und so schwermütig dass sogar das Piano drunter leidet und spontan seine eigene Stimmung dämpft.
Ohne Zeit für eine Reparatur des Piano muß Jenson May dann mit der Dämpfung des Arbeitsgeräts leben, was allerdings auch inhaltlich durchaus passt. Jenson singt über die Liebe, die er sucht, verliert, wieder sucht, wieder verliert. Das übliche halt. Aber sehr glaubwürdig vorgetragen, mit traurigem Piano und geschulter, souliger Deutschpopballadenstimme sowie der jahrelangen Erfahrung als Streetmusiker.
Einen anderen Beitrag leistet Sylvenklang. Die fröhliche Sängerin mit dem grünen Haupthaar loopt sich durch ihre eigenen Vocals. Die Loopstation wiederholt dabei ständig ihre Botschaft, dass der Sommer bleibt. Und was man oft genug wiederholt wird ja schliesslich wahr.
Bravebird als Vierte im Lineup tritt in klassischer Songwriter-Manier auf. Die gebürtige US-Amerikanerin ist die erste an diesem Abend nur mit Gitarre, ihrer Stimme und eigenen Songs – logischerweise in Englisch. Sie könnte von der Erscheinung her direkt aus Nashville in die Drehleier gebeamt worden sein, quasi als Southern Belle. Spätestens beim Vortrag wird uns aber klar, dass sie mit Country oder Western oder beidem nicht so viel am Stetson hat. Die Texte sind dann doch nicht besonders kotten-ei-dscho-deng-deng sondern eher dunkelgrau.
Die Geschwister Lotte und Paul sind die jüngsten im Feld. Aus Augsburg angereist bringen sie schön durcharrangierte eigene Songs mit, nachdem sie in noch jüngeren Jahren ordentlich gecovert hatten. Paul am – inzwischen reparierten – Piano und Lotte mit einer Stimme, die man irgendeiner kanadischen Weltstar-Songwriterin aus den Nullern zuordnen möchte (ich komme nur nicht drauf, wem) erobern die Gehörgänge des geneigten Publikums – zu Recht.
An #6 steht der Joker im Tableau. Leider gab es Absagen und keine kurzfristigen Nachrücker. Und so wird eben kurzerhand aus dem Joker der Bohlker. Besser als Jokemann oder Johlmann. Ihr wißt, um wen es geht: Co-Host Michael Bohlmann natürlich. Und der hat ja glücklicherweise immer seine Gitarre dabei. Für alle Fälle. Und er hat genug im Repertoire daß auch ich längst nicht alles von ihm kenne. Hier und heute singt er einen Song über die Angst. In Zeiten in denen viele unbekannte Dinge viral und in echt auf uns zukommen ein wohlbekanntes, kollektives Gefühl.
So wie Denny Weit als vorletzter sich dann unendlich durch den Kreisverkehr des Lebens loopt, denke ich unvermittelt an Kraftwerk unplugged oder an meinen Lieblingssong der NDW aus den 80ern, den Eisbär. Später sehe ich auf Youtube dass Denny beides schon gecovert hat. Passt. Das ist das Genre des Denny Weit. Er sieht zwar aus wie ein Rockabilly, macht aber kraftwerkaeske Texte und Musik wie Victor Zoi.
Die letzte in der Runde ist Hanna Ha. Hanna kommt ganz ohne Loop Station oder anderem Firlefanz, nur klassisch mit Gitarre und Brille auf die Bühne. Sie entwickelt ihren eigenen Stil aus verschiedenen musikalischen Richtungen, teilweise mit leichtem Trend zum Bossa Nova, wobei Deutsche und Englische Texte gleichberechtigt nebeneinander stehen. Sie singt von Philosophen und dem Boden unter den Füßen, der nicht immer da ist wo er vielleicht sein sollte.
In der Zählpause dann durfte mit Mate Tabula wieder einmal ein Poetry Slammer, ein Wortakrobat und Vorleser das Publikum gedanklich entführen. Zum Beispiel in die Welt des spanischen Kindergärtners und seiner Wirkung – nicht nur auf die Kinder. Eso es.
Die Würfel sind gefallen, die Stimmen gezählt. Die Wahl ist wie so häufig schwierig und wir vom Festausschuß sind immer froh, dass wir uns nicht für jemanden entscheiden müssen. Den dritten Platz holte sich dann Jenson May, der sich den Gewinnerschnaps schmecken läßt.
Die beiden mit den meisten Punkten, Hanna Ha sowie Lotte und Paul, sind dann noch einmal dran mit zwei weiteren Songs. Während Hanna auf die Zukunft baut und vor allem auf sie wartet singt Lotte über ihren Song-Protagonisten, dass er wie ihr Bruder wäre. Ob sie damit ihren Bruder meint?
Am Ende votiert das Publikum am 5.3. sehr eindeutig und sieht Lotte und Paul mit klarem Vorsprung vor Hanna. Ein warmer Applaus für ein wunderbares Duo, dem die Zukunft hoffentlich noch viel Schönes und uns viel Musik von den beiden bringt. Und die gute Nachricht ist, dass sie im April den 63. MuSoC Song Slam eröffnen. Da dürfen wir sie dann schon wieder hören. Es lohnt sich.
Wir freuen uns auf Euch alle, auf unser Publikum, auf die tollen Künstlerinnen und Künstler die im April wieder bei uns sind und auf die Sonne die am 2. April scheint. Wenn nicht draussen, dann ganz sicher wieder drinnen in der Drehleier auf der Bühne des 63. MuSoC Song Slam. Im Kalender blocken, reservieren und zahlreich kommen. Es wird wie immer ein großes Fest.