hale01 gewinnen kometenhaft den 86. musoc Song Slam

Vorher-Foto: Sebastian (l) und Bohlmann (r)  mit dem Lineup des Abends

Einmal mehr ist die Sommerpause vorbei und der Musoc Herbst beginnt. Zum zehnten Mal schon. Und während die Welt über Wetter und Klima, Erdbeben und Überschwemmungen redet, sitzt die Musoc Gemeinde im Trockenen und darf für einen Abend einem illustren Kreis von Musikerinnen und Musikern lauschen, auf die Bühne strebenden Künstlern die die Drehleier für 6 Minuten für sich einnehmen – und einige von ihnen ja auch noch ein paar Minuten länger. Auf geht’s zum 86. Song Slam der Munich Song Connection – präsentiert wie immer von dem schlagfertigen Duo Alex Sebastian und Michael Bohlmann.

Der erste Act des Abends waren gleich zwei Künstler. Steve Bohem und Elias Based aus dem Diplomverwaltungsuniversum sind in die Drehleier gekommen, um zu jauchzen und zu frohlocken. Mit Gitarre, Cajon und Rhythmuswechsel sowie fast Falsett brachten die beiden feinsten englischsprachigen Songwriter Pop ins Mikrofon. Und bis 24 Sekunden vorm krähenden Hahn saßen die beiden noch am Fluß, bis die Sonne unterging.

Sodann stieg Anne Meinhardt mit der Gitarre und einem kleinen Lied über eine besondere, sehr spezielle Wandersfrau vom Roßstein hinab in die Drehleier. Am Ende wurde es ein idiomatisches Fiasko. Der überzeugten Vereinsheimerin blieb aber noch genügend Bühnenzeit, um die Strecke von Schoppernau bis Mellau inhaltlich nach München zu legen, genauer von Schwabing bis Giesing. Am Ende hätte – anders als im Vorarlberg möglich – die U-Bahn den Füßen helfen können. Wahrscheinlich besser als ein deutscher VW Bus.

Internationale Gäste aus fernen, exotischen Ländern begrüßen wir in der Drehleier immer besonders gerne. Der dritte Act des Abends, Klaus Estermann, war so einer. Weit gereist aus der Schweiz wurde Klaus zunächst deutlich früher als in 6 Minuten fertig, aber das ist eben der sprichwörtliche schweizerische Speed. Ebenso wie die typische, versteckte Fröhlichkeit, die uns zunächst eine Trübsalblasorgie, ja eine wahre Depressionshymne an der Gitarre bescherte. Im zweiten Teil wurde er allerdings deutlich positiver, er gab eine echte Liebeserklärung an den Lauch ab. Ja. Lauch.

Wer noch Kassetten mit dem Bleistift zurückgespult hat, war vieles: analog, ein Kind der Achtziger, auf einer alten Schule oder Nils Breitenbach. Als ein Sänger von eben jener Schule aus eben jener Zeit mit eben jenen Fähigkeiten besingt man zunächst offensichtlich zunächst gerne auch den Lauch. Das ist natürlich erstmal nicht verwunderlich, denn Lauch ist nun mal ganz toll, aber doch ein Zufall, dass das in 85 Song Slams noch nie vorgekommen ist und dann im 86. gleich zweimal hintereinander. Ob der Lauch den Nils oder der Nils den Lauch oder vielleicht doch wer anderes wen ganz anderes nehmen wollte, kann ich hier jetzt nicht wiedergeben. Das ist zu komplex, dazu müsst Ihr euch die Konserve anhören. Hernach nahm der Nils sich dann pfeifend die letzte Minute vor, um noch einmal von vorn zu beginnen, aber die Zeit war leider rum.

Wer von Euch hat noch eine Band übrig? Neria würde eine nehmen. Bühnenerfahren, mit einem ordentlichen Repertoire im Köcher von melancholisch-leicht über nostalgisch-modern hat die Singer/Songwriterin diesen Song Slam noch alleine bestritten. Und zwar mit einer Weltpremiere, mit einem Lied, das erst vor anderthalb Wochen fertig wurde und von anderen Lebensformen handelt. “In your cave” beschreibt zur Gitarre jenen Höhlenmenschen, den man schon vor über 22 Jahren in der Drehleier sehen konnte. Und vielleicht kommt sie ja bald nochmal mit Band wieder zu uns auf die Bühne. Bewerbungen an Neria.

Wenn Musen über Lauch weinen müssen, dann Hanna und Lea. hale01 ist kein Name für einen Kometen sondern ein Corona-Projekt der beiden genannten, die als Mitbewohnerinnen auch während Corona Songs schreiben und proben konnten. Ihr wisst schon, die Sache mit dem Kumpel im Biergarten, der einen Kumpel aus einem gemeinsamen Haushalt mitbringt und so weiter. Sie erfüllten hier den nächsten Bildungsauftrag des Abends und sangen zunächst ganz musisch über Ikarus. Nach dessen Absturz blieb noch ein bisschen Zeit für ein intensives Kurz-Duett über jemanden, der Nichts wirklich zu geben vermag.

Aus der virtuellen und rein digitalen Musoc Übertragung auf die reale Bühne kam Jasna Schmuck. Sie ist der lebende Beweis, daß die Musoc Corona Shows im Netz nicht nur KI waren. Jasna lernte in der realen Drehleier erstmal das Klavier und die Uhr an der Leinwand kennen, bevor sie ihren Titelsong ihrer CD “Ein Schritt zurück” als erstes darbot. Der Song ist musoc-gerecht gekürzt, aber ein Schritt nach vorn ist eben manchmal zwei zurück. Der zweite Song war ein depressiver Nachdenk-Song, der nicht immer passt. Aber Jasna war sich sicher, dass die folgende Combo die Stimmung wieder heben würde.

Und sie taten es. Die energetischen Musikerinnen von ungeschminkt aus Regensburg haben für ihren Song “Hey Schwester” schon viele Titel gesammelt: Überschriften und Titel aus Frauenzeitschriften vom Bahnhofskiosk. Diese wurden mit Gitarre, Baß, Cajon und Rap feministisch musikalisch verarbeitet. Als zweites drehten ungeschminkt den Spieß um und verzichteten an diesem Abend mal auf ihren sexy Männerchor, er hätte wahrscheinlich in der Drehleier eh nur Platz am Rand gefunden.

Nach dem Set ist vor der Abstimmung. Das Publikum innerhalb und außerhalb des Theaters hat seine Stimmen weise genutzt und ihre Favoritinnen auf die ersten 3 Plätze gewählt, die da waren: Neria, hale01 und ungeschminkt. Somit war hier schon klar: dieser Abend kannte auf jeden Fall nur Gewinnerinnen. Und diese drei Acts wurden sodann noch mit weiterer Bühnenzeit beschenkt.

Nerias Zugabe war der schöne Song “Give me back my imagination”, ein langsamer Spaziergang durch einen Wald voller spannender Phantasien.

hale01 haben als Zugabe ein ganz frisches Lied auf die Bühne gebracht, “The hangman reversed,” gerade 2 mal geübt und schon auf der Drehleier Bühne.

Die dritte Zugabe ist ein Mitmachlied, pure Kapitalismuskritik und kommt von ungeschminkt, die laut am Limit leben.

Am Ende gab es einen tollen dritten Platz für Neria, einen wahnsinnigen zweiten Platz für ungeschminkt und die beiden galaktische Gewinnerinnen Hanna und Lea, hale01, die als Zugabe noch eine Hommage an die Freundschaft und die Schweiz ablieferten.

Nachher-Foto

In Haidhausen und nicht in der Schweiz wird es nächsten Monat den Musoc Song Slam 87 geben. Und auf den freuen wir uns auch heute schon. Denn der Kulturbetrieb braucht frische Songs. Der Reset ist getan. Der Neustart ist jetzt. The time is now. Also anmelden, Freunde mitbringen und musoc machen! Und das ist keine Bitte.

Bis dahin, Euer Henning.

Kommentar verfassen