Gurdan Thomas folken sich im April ganz nach oben auf die Stimmzettel der Zuschauer

Back to unplugged. In diesem April Slam durften wir mit Gurdan Thomas eine Combo mit 4 vollakustischen Instrumenten sehen und hören. Und offensichtlich ist das eine Erfolgsgarantie. Denn schon die 4 Michael Schrenks haben im 51. MuSoC als akustische Truppe in ziemlich ähnlicher Besetzung den Abend für sich entscheiden können. Diesmal nun also sind mit den 4 Gurdan Thomas‘ eine englisch-deutsche Formation auf dem Siegertreppchen gelandet. Aber der Reihe nach.

filip in Aktion. Er heizte den Saal erstmal auf Betriebstemperatur.

Der MuSoC Gewinner von März filip durfte eröffnen. Und er tat dies mit großer Wonne, musste er sich doch zur Abwechslung mal nicht dem Hahn unterordnen, der nach 6 Minuten das Ende der Spielzeit einkräht. Er heizte den Saal ein und brachte die Zuschauer schon nach wenigen Minuten zum aktiven Zuhören und mitsingen. So muss Opener.

Die ersten im Wettbewerb waren „no man’s an island“. Nein, hier geht es nicht um Konsalik (1975, wer kennt den noch?), George R. Tweed (1902-1986, wer kennt den noch?) oder John Donne (1624, wer kennt den noch?), sondern um junge Musiker, die sich mit Cello und Gitarre zum Post- bzw. Avantgarde-Folk auf die Bühne einfinden. Die beiden waren krankheitsbedingt nachgerückt und haben sich erst am Abend vorher MuSoC angemeldet. So schnell machen wir Träume wahr.

Nici Rey kann alles. Die zweite Künstlerin singt in Deutsch, Englisch und Französisch wenn sie will und spielt sowohl Klavier als auch Gitarre. Die beiden Beiträge für den Wettbewerb wurden am Klavier dargeboten. Wir erfuhren, dass ihr verstorbener Hund Ajax hieß. Ob er Schafe riss und am Ende wahnsinnig wurde ist nicht weiter erläutert worden.

Robert Mares freut sich darüber, dass er ganz viel Fleisch essen darf.

Der dritte des Abends war Robert Mares. Und die 3 ist seine Zahl. Denn er ist seit 3 Monaten überhaupt erst mit eigenen Songs ausgestattet und davon hat er 3 mitgebracht – für 2×3 Minuten. Seine Aufforderung „esst mehr Fleisch“ war dann am Ende doch nicht ganz so gemeint. Oder?

Der Unterfranke Lukas Metz wollte auch mal mit eigenen Songs auf die Bühne, nachdem er sich im MuSoC #54 im März das ganze noch vom Saal aus angeschaut hatte. Normalerweise covert er Lieder aber für den Slam hat er „am Sonndach“ noch schnell einen eigenen Song geschrieben. Sein erster Beitrag hingegen hat schon ein paar Jahre zuvor das Licht der Welt erblickt.

Musik machen ist ja nochmal so spaßig, wenn man in einer Band unterwegs ist. Gurdan Thomas sind zu viert. Und die machen mit recht traditioneller Instrumentierung sehr abwechslungsreiche Musik. Mit einem riesigen Kontrabass, einem Akkordeon, einer Ukulele und Trompete (eine Tuba gibt es sonst auch noch), sowie der Gitarre des Leadsängers ging es teilweise british-schräg ins Storytelling, zum Beispiel darüber wie man sich um seine Reputation bringt. Und das ganze im undefinierbaren englisch-bayrischen pre-post-Folk, mit alles, ohne Geige. Die 4 machten mächtig Laune, fand das Publikum.

Ronja spielte 2 Songs mit großem Engagement. Das Publikum belohnte mit dem dritten Platz.

Ronja Anders war eine Entdeckung von MuSoC-Scout Michi Bohlmann – als potentielle Teilnehmerin für den MuSoC. Und ihr gefiel der Gedanke, hier aufzutreten so gut, dass sie sich dann auch gleich anmeldete. Ihre Songs handelten vom Wasser als Lebenselement und davon, wie Mann sich einer Frau gegenüber zu verhalten hat und es leider nicht immer tut.

Und dann geschah das Wunder – zumindest und wahrscheinlich nur aus Sicht des Autors. Das erste Mal in der Geschichte der 55 MuSoCs eröffnete eine Künstlerin ihre 6 Minuten mit dem mir so vertrauten „Moin.“ Da ging mir doch glatt das Herz auf. Und die Künstlerin, Ines Wagner fing dann auch noch an, von der finalen großen Sehnsucht eines Norddeutschen zu singen: auf einem Deich stehen, aufs Meer starren und sich den Wind um die Ohren wehen lassen, vielleicht noch ein kaltes Beugelbuddelbier in der Hand. Ehrlich: gibt’s was schöneres? Henning Hansen sagt: nicht wirklich, verdrückt ein kleines Tränchen aus Elbwasser und plant jetzt gleich mal die nächste „Fahrkarte ans Meer.“ Wat mutt, dat mutt.

Last but not least nahm Rick Blain uns dann mit auf seine Reise. Der Bayer musste musikalisch einige Erlebnisse, gar Traumata(?), in Marokko verarbeiten und ließ uns daran teilhaben. Es ging um Surfen und Gebäck. Und wer jemals in Agadir am Atlantik am Strand lag, der weiß dass das in einer ganz bestimmten Art und Weise wunderbar zusammen passt. Mehr wird aus Compliance-Gründen nicht verraten.

Nach der obligaten Abstimmpause nutzte Herr Bohlmann die Gunst und stellte seinen ganz besonderen Schatz vor. In einer alten Truhe, das Scharnier knarzte, Staubwolken stiegen auf, zauberte er gesammelte, längst verschollen geglaubte Kulturschätze der letzten 7 Jahre MuSoC heraus. Viele der Künstler die hier auf der Bühne standen, ließen eine ihrer CDs bei Michi. Dabei waren unter anderem Ama Pola, Zwoa Bier, Affentheater, Sandra Hollstein (von Gurdan Thomas) und viele, viele mehr. Beeindruckend, was für Münchner Musikgeschichte hier schon geschrieben wurde. Der Appell dazu war logisch: kauft mehr CDs von den kleinen Künstlern und unterstützt diese in dieser Zeit der immer schwieriger werdenden Urheberrechtsthemen.

Lottogewinner, die erste. Katrin zieht den Saalgewinner.

In der Auszählpause dann kam Katrin Freiburghaus auf die Bühne und aus dem Songslam wurde ein Textslam. Als Linguistin und Skandinavistin sei sie in der Lage, eine Pressemitteilung mit korrekter Interpunktion (und wahrscheinlich sogar in Schwedisch) zu schreiben. Und auch wenn Sie selbst das nicht als etwas Besonderes empfindet, so habe ich den subjektiven Eindruck, dass diese Spezies ausstirbt. Und wenn ich jetzt beim Schreiben dieses Textes so daran denke, wird mir selbst leicht mulmig. Vielleicht hätte ich Katrin lieber fragen sollen, ob sie nicht vielleicht… aber zu spät, einfach enthemmt und sinnfrei weiterschreiben, Pulitzer wird überbewertet. Katrin ist Profi, stellt gekonnt Sprache in Frage, auf den Kopf und in völlig neue Twists. Es ging um Him und Brom, um Corbinian Schmidts neuen Job und um relativ dicht pigmentierte Menschen, die Otto heißen, in Dortmund Fussballhelden sind und breites Hamburgisch schnacken. (Für die Bayern unter den geneigten Lesern sei „Otto“ durch „David“ und „Hamburgisch schnacken“ mit „Wiener Schmäh“ zu ersetzen). Die meisten learnings aber nahmen wir für unser nächstes Vorstellungsgespräch mit, das eigentlich nur eine sehr bizarre Form einer Mottoparty ist.

Ronja mit Prostpreis. Diesmal war die Drittplatzierte volljährig und durfte ein klares Wässerchen.

Die Stunde der Entscheidung: Katrin durfte den Saalkönig ziehen und der wiederum konnte an der Verkündung des dritten Platzes teilhaben. Ronja Anders konnte sich auf die 3 vorschieben und durfte dafür den Prostpreis in Empfang nehmen.

Die ersten beiden Plätze blieben für Nici und Gurdan. Dieser spielte mit seiner Band das erste Zugabeset und erzählte uns von den Brüdern Grimm und von Marmaduke während Nici ihre Wandlungsfähigkeit mit französischen und englischen Songs an der Gitarre unter Beweis stellte.

Gurdan Besrywan Thomas von Gurdan Thomas freut sich darüber, dass die Zuschauer noch eine Zugabe hören wollen.

 

Am Ende waren es die 4 Gurdan Thomas‘ (Gurdan, Sandra, Michael, Ian) die sich ab- und durchsetzen konnten. Die Gunst des Publikums dieses Abends lag mehrheitlich bei der lustigen britisch-münchnerischen Band, die so gerne subtile gute Laune verbreitet. Es sei eine große Überraschung, eine Kinderüberraschung, meinte Gurdan dann auch völlig perplex um Worte ringend in seiner Dankesansprache.

Wir freuen uns darauf, Gurdan Thomas als opener für den 56. MuSoC, dem letzten vor der Sommerpause 2019 begrüßen zu dürfen. Ihr solltet Euch den Termin schon mal merken und in den Kalender eintragen, denn danach ist bis September MuSoC-Entzug.

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