DWC22 Finale – Fragile Elephant fliegen nach Woodstock
Es war fast wie früher. Ein Termin jagt den nächsten. Ich spreche jetzt von echten Terminen, die man mit dem Fahrrad oder der S-Bahn erreichen muss. Am Donnerstag, den 2. Dezember konnten wir den regulären MuSoC Song Slam 2021 mit dem Finale schliessen. Und nur zwei Tage später nun der nächste Kracher. Wir nutzen das Zeitfenster und sind froh, den Finalmonat Dezember live in der Drehleier verbringen zu können. Ein Zeitfenster nur. Denn man muss kein Prophet sein, um sich auszumalen, dass wir bereits im Januar uns wieder intensiver mit dem griechischen Alphabet auseinandersetzen müssen. Zwischen den Buchstaben Delta (No.4 im Alphabet) und Omikron (No.15) muss es noch einige Varianten geben, die es (noch?) nicht bis nach Mitteleuropa geschafft haben. Der Grieche hat noch 9 Buchstaben bis zum Schluss übrig. Das wird eng.
Eng war es nun aber nicht im Theater Drehleier am 4. Dezember des Jahres 2021. Und das ist zum einen gut, denn ein Superspreaderevent wurde der Abend mit Sicherheit nicht. Dafür war es zu leer und außerdem wurden alle 2G+ Richtlinien genau eingehalten. Zum anderen sind dies für Manu, die dieses Theater betreibt, wahre Hundejahre. Wir brauchen solche Locations. Die Welt braucht sie. Und so gab es auch an diesem Abend ein Hybridsystem: den Livestream auf Youtube verfolgten die Fans und auch Stammgäste die es vorzogen, zu Hause zu bleiben und abgestimmt wurde nun zuletzt lieber mit dem eigenen Handy statt mit Wahlzetteln die nunmal durch viele Hände gehen.
Die Dreamland Woodstock Challenge muss man hier nicht mehr erklären. Nur soviel: die Gewinner der Vorrunden traten im Finale auf und sangen und spielten wie im regulären MuSoC unter sich den Gesamtsieg aus. Und der erste Preis ist wie im regulären MuSoC ein Studiotag. Nur eben nicht 23 km entfernt in Oberschleißheim, sondern 6400 km weit weg in Woodstock, New York, USA. Und das ganze wird gehostet und supported von einem Grandseigneur der Musik. Ein Mann, der in früheren Jahren Teil des ganz großen Business war und eine beträchtliche Telefonliste in seinem kleinen schwarzen Notizbüchlein hat. Darin finden sich u.a. Peter Gabriel, Stevie Nicks, Daryl Hall und John Oates… muss ich hier noch mehr aufführen? Jerry Marotta spielte seine Drums in unzähligen Produktionen und hat sich für die zweite Hälfte des Musikerlebens eine Kirche in Woodstock zu einem Studio umgebaut – das Dreamland. Und da soll es hingehen.
Das DWC22 Finale ging nun schon um 18:30h los, etwas früher, damit man rechtzeitig zur Sperrstunde fertig würde. Die Herren Bohlmann und Sebastian eröffneten zusammen mit Jerry, der live aus USA zugeschaltet war. Eine Grußbotschaft, ein kleiner Plausch zu Anfang. Die Vorfreude war groß, aber noch wusste man ja nicht, wer sich durchsetzen würde. Nur soviel schon vorweg: jeder hätte es verdient.
Den Anfang machte Marcus Kleanshot, der anders als in der Vorrunde alleine zur Gitarre sang. Kleanshot arbeitet sehr international, arbeitet mit vielen Künstlern aus aller Welt und singt auch mal in französischer Sprache, textsicher et très francais: “Je ne regrette rien” wurde schon mal gesungen, von einer Madame Piaf. Aber das war auch schon alles an Gemeinsamkeiten. Singer-Songwriter Stil vom feinsten: Songs, mal schnell, mal laut, mal bluesig, mal balladig. Das ist Kleanshot.
Und dann ging es im Hybridmodus weiter. Die feine Musik von Diana Ezerex mit Max, ihrem musikalischen Partner an der Gitarre kam vom Stream. Diana hat ein Engagement in einer Produktion, bei der um alles in der Welt kein Corona eingestreut werden darf und ist daher in Präventivquarantäne. Sowas ist dann auch notwendig, in dieser crazy Zeit. Max Grund durfte sich als Sonderpreis über einen Workshop inkl. Abschlusskonzert bei Enrico Coromines’ und Michael Vochezers Gitarrenakademie Supergain freuen. Per Video konnten wir die beiden mit dem sehr schönen, runden Song “What goes around” hören. Wir hoffen sehr, dass Diana irgendwann den Weg nochmal in die Drehleier zu uns findet.
Ebenfalls nur digital bei uns war Conary, die schon am Donnerstag im MuSoC Finale leider grippal ausfiel. Ja, “normale” Krankheiten wie Wintergrippe gibt es auch immer noch. Constanze schickte das Video zu “Not my Baby” ein, das wir nach ein paar einleitenden Worten sahen. Auch Sie wird froh sein, nach der schrecklichen Zeit nicht immer nur solo sondern endlich wieder normal mit ihrer Band spielen und auftreten zu können.
Die Rocker von Last Avenue sind hoch infektiös. Im positiven Sinne. Trotz 2G plus steckt Frontmann Martin und seine Band den Saal und die Online Gemeinde an – mit good Vibes und restless Legs. Man will einfach nur tanzen, man will einfach grooven und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Am Donnerstag im MuSoC Finale noch zu zweit, hatten sie Samstag noch ihren Bassisten als Verstärkung dabei und rockten den Saal. Und es sollte sich lohnen. Für alle Beteiligten. Ich will sie dringend nochmal hier bei vollem Haus sehen und hören.
Die Heidelbergerin Anna Stucky konnte den zweiten Vorentscheid vor Last Avenue für sich entscheiden und damit in dieses Finale einziehen. Sie konnte bereits aus der Konserve den einen oder anderen Juror der Expertenrunde überzeugen aber live hat Anna dann neben der Stimme noch diese hypnotische Wirkung aus der Schatulle gezogen. Die balladeske Stimme singt langsame, ruhige Songs die meistens irgendeinen klitzekleinen Twist haben. Das macht es aus, auch gerade als Kontrast nach der Gutelaune-Arbeit der vorigen Band.
Die DeeDots sind eine irische Folk-Band. Stimmt nicht. Könnte man aber meinen. DotDee und DustDee machen unter Mithilfe von Mister B feinsten Acoustic Pop mit Folk Einschlag. Eben was man so spielen kann, wenn man ohne Elektrik nur mit analogen Instrumenten durch die Straßen und Fußgängerzonen zieht. Für das DWC 22 Finale brachten sie für uns ihren Song “The Moment” mit, festlich zum Jahresende mit Kerzenleuchter, wenn auch einen Advent zu früh.
Locker aufspielen konnte Kashja mit ihrer Band, Ralph an der Gitarre und Johnny am Cajon, gewannen sie zwei Tage zuvor den regulären Jahres MuSoC Song Slam 2021 und damit einen Studiotag in den Amperstudios Oberschleißheim. Ein zweiter Studiotag in Woodstock wäre doch noch was, oder? Mit einem Song über ihre Tochter und einer Ballade in ihrer Muttersprache polnisch gingen sie an den Start, mit inzwischen schon gewohnt klarer, kräftiger Stimme und filigraner Gitarre. Die Combo macht ebenfalls Laune auf ein volles Haus.
Last but not least traten Fragile Elephant aufs Parkett. Die drei jungen Münchner Samuel, Chris und Max spielen zwei mal Gitarre und Klavier. Samuel aka Soma ist zuweilen auch der Drummer der Band. Sie haben gerade zwei Tage vorher ihren Titel MuSoC Jahreschampion 2020 an Kashja abgegeben. Am Donnerstag hatte Soma noch solo um den Titel 2021 gespielt. Und heute schon ging es weiter für die drei, die Jerry in seinem Kommentar später als Simon, Simon und Garfunkel bezeichnete. Ihr Song war ein stimmungsvolles, mehrstimmiges Lied zur Einstimmung in die Weihnachtliche Zeit, wenn das Jahr zuende geht.
Das Set war gespielt. Alle haben alles gehört. Danach kommt immer der Moment der Wahrheit. Das Publikum im Saal und die Online Zuschauer hatten die Gelegenheit, ihre Stimmen abzugeben und – um es vorweg zu nehmen – es gab sehr viele Stimmen. Am Ende der Auszählung durften drei Künstler noch mal ihre Zugabe geben. Und es traf Anna Stucky, Fragile Elephants und Last Avenue. Und sie gaben noch einmal alles. Es ging um Freedom, um Brüder und um Chromatischen Schiet.
Der dritte Platz wurde aufgelöst und es waren die energetischen Rocker von Last Avenue, die sich den Schnaps verdient haben und einen Thomann Gutschein für neues Equipment für 150 Euro.
Aber auch der zweite Platz sahnte ab. Anna Stucky durfte sich über die Software Suite melodyne von celemony freuen mit der die Aufnahmen nochmal so richtig getunt werden können.
Und den Studiotag in Woodstock? Den haben sich Fragile Elephant verdient. Ein Applausometer, den wir im Song Slam manchmal einsetzen müssen wenn die Punkte zu dicht beieinander liegen, war nicht notwendig. Mit fast 500 Punkten Vorsprung konnten sich die drei durchsetzen. Und Jerry gratulierte von der Leinwand und freute sich sichtlich. Jetzt ist Zeit und Stunde da, wir fahren nach Amerika. Was für eine tolle Erfahrung das wird. Sichtlich platt waren Chris, Max und Samuel und auch später konnten sie es noch nicht so richtig begreifen. Zwick mich mal.
Damit geht ein schräges aber auch ereignisreiches Jahr zu Ende. Letztes Jahr haben wir gehofft, dass es nur noch besser werden kann. Uns bleibt nicht viel anderes, als das nun noch einmal für 2022 anzunehmen. Wir werden weiter MuSoCen, wahrscheinlich mal online, mal hybrid. Last Avenue würde dazu sagen: Rock’n Roll never dies. Und wir werden Euch genau berichten, wie es jetzt weitergeht mit der DWC.
Bis dahin wünschen wir vom MuSoC Festausschuß ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Kommt bitte alle gesund wieder zum ersten Slam des neuen Jahres, der Nummer 76 am 6. Januar 2022 – egal ob online oder ins Theater. Und unterstützt bitte alle Eure Lieblingstheater.