Ormen vor Welt – der 89. Song Slam hat gewählt
Wir schreiben die Neunundachtzig. Was jetzt genau? Herbst ‘89, wir sind das Volk? Nein. Musoc 89. Der neunundachtzigste einzig wahre Münchner Songslam. In der letzten Zeit muss ich mich immer häufiger zwicken, um zu begreifen, dass das wahr ist. So viele Abende in der Drehleier und zwischendrin im Corona-Onlineuniversum. Und immer noch ist nicht alles gesungen, nicht alles gespielt und nicht alles gewonnen.
So war auch am 4. April 2024 wieder alles neu. Also eigentlich wie immer. Und es war wieder ein Feuerwerk an Singer Songwriting mit der undankbaren Aufgabe des Publikums, aus den ganzen tollen Darbietungen die herauszuhören, die vielleicht ein gaaaanz kleines bisschen mehr gefiel. Wieder eine Herkulesaufgabe. Also eigentlich wie immer.
Als dann der Herr Sebastian auf die Bühne kam und die einführenden Worte sprach, war es wie immer genau zwischen Acht und Viertel nach Acht. Und leider wieder ohne den Herrn Bohlmann, der zuletzt ja schon fehlte und leider am 4.4. noch einmal. Aber er wird wiederkommen. Irgendeiner muss ja den Prostpreis überreichen.
An diesem 4. April 2024 eröffente ein Regensburger den Reigen: Ben Rivera. In der Anmoderation hieß es, seine Stimme sei eine Mischung aus Phil Collins, Michael Jackson und Journey – wer auch immer da gemeint war. Interessant wäre ja mal zu hören, was genau da raus kommt, wenn man Collins, Jackson und Perry mischt. Auf jeden Fall nicht Rivera, und das ist gut so. Bei Ben ist Soul in der Kehle, und davon reichlich. Rivera ist Rivera. Und er hat uns einen Song für schlechte Zeiten mitgebracht, ein Durchhaltesong. Und auch das Publikum durfte gleich mitmachen. Mutig, als erster am Abend gleich die Drehleier-Fischer-Chöre zu aktivieren. Aber die Drehleier ist in singlaune, wird man später noch hören.
Unser zweiter Act ist in Gerolsbach aufgewachsen und heißt Sven Ormen. In der Corona Zeit durfte Sven sich neu in einer fremden Stadt zurechtfinden. Das muss man mögen. Besonders in der Oberpfalz. Da ist man schon mal ziemlich lonely. Aber Sven hats geschafft und hat einen Song draus gemacht. Macht auch Sinn, denn er ist ja Singer Songwriter und macht im Moment sein persönliches Singer-Songwriter-Ding. Er spielte uns einen vollmundigen Song, “So lonely”, zur Gitarre und so einem Bassknopf unterm Schuh. Der Drehleier gefiels. Vor allem dem Home-Support aus Weiden.
Als drittes durfte Suntone Looping ran. Der Name sagts: da ist it Sicherheit eine Loop im Spiel. Aber hier ausnahmsweise mal nicht. Herausforderung unplugged angenommen: am 4.4.24 ist Suntone Looping mal Suntone Loopless. Sein Stil ist mit Loopstation alles, nur mit Gitarre eher melancholisch. Suntone Loopless spielt lieber, als dass er redet. Als er sein Intro zum neuen Song “Dreams” spielte, der eine Bühnenpremiere hatte. musste ich an alten Progrock der 70er denken. Ihr wisst was ich meine.
Und dann wurde es astronomisch. Nein, nicht astronomisch teuer oder ähnliches, sondern echt astronomisch im Sinne der Unendlichkeit der Welten, hier des Andi. Andi Welt und seine Planeten, da musste der ein bisschen neunmalkluge Herr Sebastian gleich einwerfen, dass die Planeten ja gar nicht um die Welt kreisen, sondern normalerweise um die Sonne. Aber wir sind hier in der Kunst. Und da ist nunmal der Andi der Fixstern. Und er erzählt schöne Geschichten. Zum Beispiel über zwei Menschen, die den letzten Song eines langen Festivalwochenendes Sonntag Abend abfeiern als gäbe es danach keine Musik mehr auf der Welt. Und auch in der Drehleier nahm der Song fast kein Ende, die 6 Minuten bis zum Krähen des Hahnes wurden fast ausgenutzt.
Verschollen war er, der Jeff Bastien, Frontmann der Band Emily Street. Und dann musste er einfach doch wieder auf die Bühne, nach 10 Jahren Abstinenz. Das zweite Mal erst, aber es fühlt sich gut an. Der sympathische Amerikaner freut sich, “its good to be back.” Sein erster Singer-Songwriter Song “Take a ride”, wurde von Jeff so ausgebaut, dass er die Western-Gitarre nicht mehr neu stimmen brauchte denn Jeff schaffte das erste mal den Hahn.
Barbara “Basia” und Hermann Odoj durften sodann zu fortgeschrittener Stunde uns ein bisschen polnisch beibringen. Basia singt gern in ihrer Muttersprache, gern selbst erlebtes, über den Tratsch der Nachbarn, die vielleicht auch gern mal auf der Bühne stehen würden, sich dann aber lieber doch das Maul zerreißen. Auf polnisch sagt man “Plotki” dazu. Ein leichter Hauch von Jazz, von Bossa Nova und von der Erkenntnis, dass auf polnisch der Ratsch und Tratsch der Nachbarn irgendwie jazzig leicht anhört. Basia hatte noch einen Stunt für uns drauf, als der Bühnentroll das Silent-Gitarrenkabel von Hermann zog und er auf einmal sehr leise wurde. Singend verkabelte sie ihn wieder, ohne Pause. Alleine dafür hat sich der Abend gelohnt.
Wenn Ihr Euch jetzt gefragt habt, ob im Lineup nicht noch jemand fehlt, gehört Ihr zu den aufmerksamen Lesern und musoc Fans, die entweder selber dabei waren oder einfach alles über musoc wissen. Und ja, bereits nach Suntone Loopless wollte eigentlich eine Königin auftreten, t(r)at es aber erst jetzt nach Basia. Besser spät als nie und auf eine echte Queen wartet man gern, zumal wir ja auch musikalisch begleitet wurden. Und sie hatte den Rap im Gepäck, rappte sich mit viel shaking und taking zur Gitarre durch zwei Songs und bewies wieder, wie bunt und vielseitig unser musoc Song Slam ist. Ein Hoch auf die Vielfalt.
Den Abschluss des 89. Song Slams machte sodann DannyURocks, der erst einmal mit all den vielen Kabeln kämpfte. Denn live looping will verstöpselt sein, auch wenn es auf der Drehleierbühne nur minimalistisch hergehen kann, mit ein wenig Gitarre, Bass, Drum. So wurde im ersten Song “Crystal” geloopt was Danny loopen konnte. Live. Man könnte meinen, man sei in leicht psychedelischer Manier in die siebziger geloopt worden. Seit 4 Tagen ist Cannabis in Deutschland nun legal. DannyURocks liefert den Soundtrack, um diese Errungenschaft aktiv zu feiern. Woodstock ruft. Auch das zweite Stück ist leicht psychedelisch, besonders die Stelle mit dem wa-wa-wa.
Und das wars denn auch schon mit den sechs Darbietungen. Wie immer im musoc Song Slam bringt die Pause nicht nur Schnitzel in der Drehleier sondern auch Punkte für die Teilnehmer, seit Corona digital über das Smartphone. Und wir warten, holen uns ein Bier oder eine Schorle und drücken die Daumen für den eigenen Favoriten. Die drei mit den meisten Punkten sind Ben Rivera, der Andi und die Planeten und Ormen.
Also… Zugaben. An dieser Stelle gibt es zwei grundsätzliche Fragen: Ist der oder die #betreffende vielleicht gerade auf Toilette oder verreist? Hat der oder die betreffende noch einen Song im Repertoire um eine Zugabe geben zu können? Merke: man muss immer ein bisschen Reserve vorhalten.
Ben Rivera war zum Beispiel gar nicht darauf vorbereitet, noch eine Zugabe geben zu müssen. Er konnte sich dann aber doch auf einen weiteren Song einigen. Es ging um Beste Freunde, die einen durch schwere Zeiten begleiten. Corona läßt grüßen.
In seiner Zugabe meinte Sven Ormen, er hätte immer ordentlich Respekt vor Mitmachsongs. Aber die Drehleier war im Flow an diesem 4.4. weshalb dann auch ein Song von Sven mit Publikum auf die Bühne kam. Drehleier, das war super. No one’s gonna let you down.
An die Welt, Nein, Andi Welt spielte ebenfalls noch weiteres aus dem Fundus. Zum Beispiel gerne mal “Lieder ohne Noten, ohne Dich ist wie Comedy ohne Idioten.” Mit Tanzeinlage.
Ben Rivera wurde auf Platz drei gewählt und bekam dafür den Prostpreis, diesmal aus der Hand von Alex Sebastian.
Bleiben Andi Welt und Sven Ormen, die unter sich den Champion ausmachen müssen.
Am Ende ist es Sven, der die notwendigen Punkte zusammen gekriegt hat, und Andi mitsamt Planeten überflügelte. Auch der Drehleier Applaus hätte für Sven ausgeschlagen, braucht er aber nicht.
Sven Ormen holt den 89. Titel des musoc Song Slams. Eine fantastische Performance aller haben wir gesehen, alle hätten gewinnen sollen und haben auch gewonnen. Die ausgezählten Stimmen des 4.4.24 sprachen sich am Ende mehr für Sven aus.
Wir gratulieren ganz herzlich und wollen diesen Text nicht ohne den Hinweis auf den September Song Slam schließen (für den man sich hier anmelden kann), sowie nochmal einen Dank an alle aussprechen.
Wir wünschen Euch einen tollen Sommer und sehen uns im September wieder.